Künstler/in vor Ort: David Puck

Die neue, integrative Progress-Pride-Flagge dient als Inspiration für die fesselnden 360°-Wandbilder von Künstler/in David Puck (em) für Ralph Lauren im Domino Park in Brooklyn

David Puck wuchs in der kleinen englischen Stadt Hereford an der Grenze zu Wales auf. Damals, so Puck, gab es keinerlei Orte, an denen junge queere Menschen einfach sie selbst sein konnten. „Es gab keine Gay Pride [Parade] oder dergleichen“, sagte Puck in einem Zoom-Anruf aus Los Angeles an einem Nachmittag im Mai. „Kürzlich schickte mir meine Mutter einen Zeitungsausschnitt über die Drag Queens von Hereford bei Gay Pride. Es ist einfach unglaublich, dass sich dieser Wandel in weniger als zehn Jahren vollzogen hat. Hätte es das gegeben, als ich als Teenager in diesem sehr ländlichen, konservativen Ort aufwuchs – es wäre ein entscheidender Wendepunkt für mich gewesen.“

Aus diesem Grund sieht Puck Pride als wichtiges Sprachrohr der queeren Kultur und Geschichte, für die Puck immer wieder Wandbilder und Kunstobjekte entwirft. Ein typisches Beispiel: Dieses Jahr gehören dazu auch 360°-Wandbilder für Ralph Lauren, die die vier Silos im Domino Park in Brooklyn zieren. Inspiriert von der neuen, integrativen Progress-Pride-Flagge enthalten die Gemälde u. a. Farben, die marginalisierte Menschen anderer Hautfarbe, Trans-Personen, sowie Menschen, die mit HIV/AIDS leben oder an der Krankheit verstorben sind, repräsentieren. Sie stehen für eine Zukunft, in der Intersektionalität groß geschrieben wird, sagt Puck über die neue Flagge. 

„Ein heißes Thema in Sachen Pride ist im Moment, inwiefern diese alle Mitglieder der queeren Community abbildet. Oft wird kritisiert, dass die etablierten Gay-Pride-Veranstaltungen das nämlich nicht tun“, so Puck. „Hoffentlich werden wir jetzt, wo diese Bedenken Gehör gefunden haben, Fortschritte sehen.“

Puck drückt sich durch Drag aus und entwirft Wandbilder, kreiert Make-up und digitale Gemälde und ist auch Gastgeber des visuellen Podcasts Painterview, in denen Puck Freunde und Bekannte, die em bewundert, interviewt und gleichzeitig portraitiert. Ems Kunstwerke sind ein Spiegel für queere Alltagskultur, seit em das Malen nach einer langen Pause in ems frühen Zwanzigern wieder aufnahm. Puck machte einen Abschluss in Queer History an der University of Oxford, bevor em die Welt bereiste und verschiedene Jobs ausprobierte. Vor vier Jahren griff em dann wieder zum Pinsel. 

Puck beschreibt die Rückkehr zur Malerei während ems Aufenthalts in Berlin als eine „intensive, fast spirituelle Erfahrung“, die em inspirierte, Künstler zu werden. Also begann Puck, Bilder – meist farbenfrohe Porträts von Freunden und Bekannten – auf Instagram zu posten. Schnell entwickelte em einen unverkennbaren Stil mit leuchtenden Hintergründen und farbenfrohen, expressiven Gesichtern. Es war nur natürlich, dass Drag seinen Weg in die Arbeiten fand.

„Es hat lange gedauert, bis ich mich in meiner eigenen Haut wohlfühlte", sagt Puck, dessen Drag-Projekt „David Puck Makeup“, Puck selbst dabei zeigt, wie em ems eigenes Gesicht auf verschiedene Arten bemalt (z. B. als Dr.-Pepper-Dose, als Auberginen-Emoji oder als Gemälde von Renoir und Monet), um so verschiedene verspielte Konzepte und Ideen rund um geistige Gesundheit zu erkunden. „Ich war lange vor RuPaul’s Drag Race mit der Drag-Szene verbunden. Aber Drag Race hat die Szene definitiv enorm beflügelt und so viele neue Zugangspunkte für Menschen geliefert, um diese Kultur und Kunstform schätzen zu lernen. Als ich mit meinen Wandbildern begann, waren das noch separate Dinge. Und so brachte ich einfach beide zusammen.“

Puck, momentan Studierende/r der Psychologie, hat inzwischen Dutzende von Wandbildern angefertigt, die vor allem Drag Queens wie RuPaul, Alaska und Peppermint sowie andere Queer-Koryphäen zeigen. Doch als Puck damals mit ems Arbeit begann, war die Lage eher prekär. Em hatte gerade zwei Wandbilder fertig gestellt, mit denen em sich bei einem Graffiti-Festival bewarb. „Ich war so nervös, weil ich dachte, alle würden hetero sein, wie fast überall in der Graffiti-Szene“, sagt Puck und lacht.

Aber wie sich herausstellte, schloss Puck dort einige Freundschaften, die bis heute anhalten. Und em ist ein merkbarer Aufschwung der queeren Street-Art-Kultur aufgefallen. „Ich begegne immer mehr queeren Wandmaler/innen – vor allem, weil ich zuletzt besonders im Mittelpunkt stand, und sie mich daher leichter finden können“, sagt Puck. „Viele sind es natürlich immer noch nicht, aber man merkt schon, dass es mehr werden.“

Mit der steigenden Popularität – sie haben inzwischen auch Wandbilder für HBO und Amazon Prime geschaffen – ist Puck ein fester Bestandteil dieser Bewegung.

Maxwell Williams ist Schriftsteller und Parfümeur aus Los Angeles. Er hat unter anderem für L’Officiel, Vogue, und Condé Nast Traveler geschrieben.
  • Bilder mit freundlicher Genehmigung von George Ivanoff