RL – Fragen und Antworten: Stimmen von Pink Pony in 2020

Für diese Sonderausgabe von „RL – Fragen und Antworten” haben wir uns mit sieben Krebsüberlebenden und Fürsprechern aus der „Pink Pony”-Kampagne anlässlich des 20. Jubiläums in einem persönlichen Gespräch über ihre Erfahrungen mit der Krankheit unterhalten

Dieses Jahr begehen wir den 20. Jahrestag von Pink Pony – der weltweiten Initiative von Ralph Lauren für Vorsorgeuntersuchungen, Frühdiagnose, Behandlung, Aufklärung und Unterstützung von Patienten im Kampf gegen Krebs. Um die zurückliegenden zwei Jahrzehnte zu würdigen und die bevorstehenden zu feiern, haben wir mit 36 Männern und Frauen auf der ganzen Welt über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Krankheit gesprochen. Überlebende, Fürsprecher, Aktivisten und Mitarbeiter des Gesundheitswesens haben uns jeweils eine persönliche Geschichte erzählt, die von Stärke, Mut und der unerschütterlichen Entschlossenheit geprägt war, nach ihren eigenen Regeln zu kämpfen. In Zoom-Interviews, Privataufnahmen und einem Shooting in New Jersey kamen ihre Familien sowie alte und neue Freunde zu Wort. In der folgenden Sonderausgabe von „RL – Fragen und Antworten” haben wir die Geschichten von sieben Personen aus der Gruppe zusammengetragen, die ihre Vision der Liebe und einer krebsfreien Zukunft verbindet. Mit den Worten von Nina Luker, einer 24-jährigen Lymphom-Überlebenden aus Pennsylvania: „Liebe ist die Sonne, die dir ins Gesicht scheint.” Hier einige inspirierende Lektionen von Menschen, die ihr Licht und das ihrer Mitmenschen stets hell leuchten lassen.

Dr. Ibram X. Kendi

Dr. Ibram X. Kendi ist der Andrew-W.-Mellon-Professor für Geisteswissenschaften an der Boston University und der Gründungsdirektor des dortigen Center for Antiracist Research. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter das mit dem National Book Award for Nonfiction ausgezeichnete Stamped From the Beginning: The Definitive History of Racist Ideas in America („Von Anfang an abgestempelt: Die definitive Geschichte rassistischer Ideologien in Amerika”), sowie drei Titel, die auf Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste standen. Im Januar 2018 wurde bei ihm Dickdarmkrebs im 4. Stadium diagnostiziert.

Wie sah Ihr persönlicher Krankheitsverlauf aus?

Dr. Ibram X. Kendi: Ich bin der Sohn einer Frau, die Brustkrebs hatte, und auch meine Frau hat mit Mitte 30 gegen Brustkrebs gekämpft. Ich erhielt im Januar 2018 die Diagnose Dickdarmkrebs im 4. Stadium, und unterzog mich dann sechs Monate lang einer Chemotherapie. Ich wurde im August 2018 operiert. Glücklicherweise geht es mir seitdem wieder gut. Es gab eine Zeit, da dachte ich, dass ich heute nicht mehr hier sein würde.

Was konnten Sie vom Leben mit Krebs lernen – welche Lehren ziehen Sie rückblickend aus dieser Erfahrung?

IK: Wie wichtig es ist, Kampfgeist zu zeigen. Wir kämpfen gegen Rassismus in der Politik, und ich habe Jahre mit diesem wichtigen Kampf gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere Formen von Bigotterie verbracht. Auf diesem Schlachtfeld kämpfen wir buchstäblich für Menschlichkeit. Gleichermaßen bestreiten wir unsere persönlichen Gefechte. Man muss der Krankheit persönlich den Kampf ansagen, um für die eigene Menschlichkeit einzustehen. Und wer diesen Kampf gewinnt, kehrt dann hoffentlich ins Leben zurück und kämpft für die Menschlichkeit von uns allen.

Wie können wir in dieser stark polarisierten Zeit mehr Menschen zusammenbringen, damit sie erkennen, dass wir alle Teil derselben Familie sind?

IK: Ich schätze das Engagement von Pink Pony für mehr Liebe und Verständnis zwischen den Menschen, denn dies ist das einzige, das uns helfen kann. Liebe ist ein zwischenmenschlicher Akt. Zweifellos war es Liebe, die mich gerettet hat. Meine Frau hat mich praktisch gegen meinen Willen zu einer Darmspiegelung gezerrt. Und beinahe hätte ich erst zwei Monate später einen Termin dafür bekommen, weil die Warteliste so lang war. Ich vermute, dass andere Leute etwa zur gleichen Zeit in der Klinik anriefen und ihre Koloskopie erst zwei Monate später durchführen lassen konnten. Und ich frage mich, ob diese zwei Monate in manchen Fällen den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachten. Unser Gesundheitssystem ist nicht auf Liebe und Mitgefühl ausgelegt. Zweifellos gibt es viele Ärzte, die kein Einfühlungsvermögen für ihre Patienten besitzen, und sie wie ein Objekt betrachten – das ist problematisch. Vor kurzem habe ich einen Artikel gelesen, in dem es hieß, dass wir nur 2,5 Prozent unserer Mittel für das Gesundheitswesen ausgeben. 2,5 Prozent. In einer besseren Welt wären es 50 oder 75 Prozent. Stellen Sie sich vor, wie stark wir die Zahl der Beschwerden und Erkrankungen in der Bevölkerung reduzieren könnten!

Dr. Harold Freeman

Dr. Freeman ist ein Krebschirurg, der seit fast 50 Jahren auf diesem Gebiet tätig ist. Er ist Mitbegründer des Ralph Lauren Center for Cancer Care in Harlem in New York City, ein ehemaliger Präsident der American Cancer Society, und emeritierter Professor für Chirurgie an der Columbia University. Er war Leiter der chirurgischen Abteilung des Harlem Hospital. 1990 gründete die American Cancer Society den Dr. Harold P. Freeman Award, um seine umfassenden Bemühungen für ein faireres Patienten-Navigationsmodell zu würdigen, das Ungleichheiten beim Zugang zu einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung abschaffen soll.

Sie haben Pionierarbeit bei der Einführung der Patientennavigation geleistet – einem entscheidenden Instrument im Kampf um Früherkennung und Behandlung. Wie verlief der Entwicklungsprozess?

Dr. Harold Freeman: Als ich 1988 zum Landesvorsitzenden des American Cancer Center ernannt wurde, entwickelte ich ein Konzept, das ich Patientennavigation nannte. Dabei geht es im Prinzip darum, Krebspatienten durch unser komplexes Gesundheitssystem zu leiten und sie zu unterstützen, wenn sie auf Finanz- oder Kommunikationsbarrieren stoßen. Sie begegnen diesen Barrieren, weil das System selbst so komplex ist. Sie treffen auf Barrieren, weil sie Angst haben und misstrauisch und emotional sind. Deshalb haben wir im Harlem Hospital seit den 90-er Jahren die sogenannte Patientennavigation eingeführt. Ich stellte sogenannte Patientennavigatoren ein, die direkt mit den Erkrankten zusammenarbeiteten. Wenn ein Patient zu mir kam, war der Navigator bei der Untersuchung des Patienten anwesend. Nach der Untersuchung sagte ich dem Patienten zum Beispiel: „Sie sollten eine Biopsie vornehmen lassen.” Der Navigator brachte den Patienten dann in einen anderen Raum und fragte: „Haben Sie verstanden, was der Arzt gesagt hat?” Oft war das nicht der Fall. Der Navigator würde dann fragen: „Gibt es Barrieren, die einer Biopsie im Wege stehen?” Wenn der Patient etwa sagte, „Ich bin nicht krankenversichert”, wäre es dann die Aufgabe des Navigators, die Versicherung für den Patienten zu organisieren. Oftmals musste ich dabei helfen. Oft sagten Patienten auch: „Ich habe Angst, und ich vertraue diesen Ärzten nicht”. In dem Fall würde der Navigator seine persönliche Beziehung zu dem Patienten nutzen, um dessen Angst und Nervosität zu lindern. Diese Barrieren zu beseitigen und den Patienten zügig durch das Gesundheitssystem zu führen, wurde zu dem, was wir heute Patientennavigation nennen. Durch diesen Prozess konnten wir die Sterblichkeitsrate durch Brustkrebs deutlich senken. Nun kann er auf jede Art von Krebs oder Krankheit angewendet werden.

Menschen müssen sich um Menschen kümmern. Das Gesundheitswesen mag gut sein, das Krankenhaus mag gut sein, und dennoch brauchen Menschen persönliche Beratung und Unterstützung.

—Dr. Harold Freeman zu Patientennavigation

Die emotionale Komponente ist bei Krebserkrankungen so bedeutsam. Wie können wir Menschen, die mit der Krankheit kämpfen, auf ganzheitliche Weise unterstützen?

HF: Meiner Erfahrung nach fehlte es den meisten Menschen, die ich in Harlem behandelte, an Unterstützung. Wir müssen also einen Weg finden, als Ärzte und Chirurgen nicht nur korrekte medizinische Diagnosen zu stellen, sondern den Patienten auch unterstützend zur Seite zu stehen. Allerdings habe ich festgestellt, dass es den Ärzten selbst an der Zeit fehlt, um Patienten den nötigen Support zu bieten. Sie können ein gewisses Maß an Unterstützung geben, müssen aber andere Personen hinzuziehen, um ihnen dabei zu helfen. Es braucht ein Team von Menschen, um diese Aufgabe zu erledigen – um einer Person zu helfen. Das Leben an sich ist eine Reise, und Krebs ist ein Abschnitt darin. Dieser Abschnitt kann schwer sein, aber wir können ihn etwas leichter gestalten. So begann ich zu verstehen, dass ich mich nicht nur persönlich um jeden Patienten kümmern muss, sondern dass ich dabei das Konzept der Reise, die der Patient von einem Anfangs- zu einem gewissen Endpunkt zurücklegen muss, im Auge behalten sollte. Das ist eine andere Art, Medizin zu betrachten. Den Krankheitsverlauf des Patienten als Reise durch ein Kontinuum zu einem bestimmten Endpunkt zu betrachten, z. B. von einem anormalen Befund wie einem Knoten in der Brust oder einem Bluttest der Prostata. Von dort aus muss der Patient in die nächste Phase der Behandlung begleitet werden. Das kann z. B. eine Biopsie sein. Das ist eine Reise, und zwar eine Reise unter vier Augen, und nicht nur ein Pflegesystem, das nichts mit der Entwicklung des Individuums zu tun hat.

Nina Luker

Im Alter von 23 Jahren lebte Nina Luker aus Pennsylvania mit ihrer Mitbewohnerin Christina in New York, wo sie in der Werbebranche arbeitete. Als frühere Athletin der ersten Division an der University of North Carolina in Chapel Hill war das Letzte, was sie sich für ihr 24. Lebensjahr ausmalte, die Krebsdiagnose, die ihre Welt von Grund auf erschüttern würde. Vor sechs Monaten, wenige Tage vor dem Ausbruch von COVID-19, wurde bei ihr ein diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom im vierten Stadium diagnostiziert, eine Art Non-Hodgkin-Lymphom. Heute befindet sie sich in der Remission.

Wie würden Sie diesen ersten Tag, an dem Sie die Diagnose erhielten, und Ihre unmittelbaren Gefühle beschreiben?

Nina Luker: Ich war in meinem Zimmer und blickte auf die Skyline von New York. Ich erhielt den Anruf von meinem Arzt mit meiner Familie an der anderen Leitung, und ich hörte das Wort Krebs. Ich erinnere mich nur daran, dass ich den Hörer fallen ließ und aus vollem Hals schrie. Diesen Moment werde ich nie vergessen. Sekunden später rief ich Christina, und sie kam in den Raum. Ich kauerte in Embryonalstellung auf unserer Couch. Sie nahm mich in den Arm, gab mir Hoffnung und erlaubte mir, all das zu fühlen, was ich in diesem Moment empfand. Sie gab mir den Glauben, dass ich das durchstehen würde. Ich musste in diesem Moment erwachsen werden. Ich musste stark sein für mich selbst, für meine Familie und für meine Freunde.

Und für das Leben danach. Wie geht es Ihnen mit der jetzigen Situation?

NL: Es gab Momente, in denen ich Zweifel hatte, dass ich das Ganze mental und körperlich durchstehen würde. Es ist erst eine Woche her, dass ich erfahren habe, dass sich der Krebs in Remission befindet. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass ich für diesen mentalen Kampf wirklich dankbar bin. Bis zu diesem Moment hatte ich mir nie in meinem Leben wirklich zugetraut, etwas durchzustehen. Ich werde nie vergessen, wie ich morgens aufgewacht bin, nachdem ich am Vorabend die gute Nachricht erhielt. Ich hatte dieses überwältigende Gefühl, zu schweben, als hätte sich mein Körper aus meinem Bett gehoben, und ich war frei – dieses Gefühl, zu wissen, dass ich mich in Remission befinde. Und das ist ein schweres Wort, denn es bedeutet nicht, dass ich krebsfrei bin. Das Risiko, dass ich an Krebs erkranke und einen Rückfall erleide, ist immer noch vorhanden, aber in diesem Moment war dies ein Sieg, den ich gefeiert habe.

Für Frauen ist das Haar und die Frisur oft sehr wichtig. Aber wie vieles andere in Ihrem Leben, mussten Sie auch das loslassen. Was kam Ihnen in den Sinn, als Sie in den Spiegel sahen, nachdem Ihr Vater Ihren Kopf rasiert hatte?

NL: Dieser Augenblick wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich mein Haar in die Hand nahm, und dass es ziemlich viel war. Ich hatte das Gefühl, dass ein Teil von mir verschwunden war, weil ich diese Haare nicht mehr hatte. Aber zugleich hatte ich auch das Gefühl, dass dies mein wahres Ich ist. Ich nahm den Schleier des Jemand-Seins und der äußeren Erscheinung ab. Als sei dadurch mein Innerstes freigelegt worden. Als er fertig war, küsste mein Vater meinen Kopf. Das werde ich nie vergessen. Das war ein ganz besonderer Moment, denn ich fühlte mich geliebt und angenommen.

Was für Dinge tun Sie jetzt morgens und vielleicht auch abends, die sich von Ihrer bisherigen Routine unterscheiden?

NL: Mein Morgen ist mir heilig. In der Regel stehe ich bei Sonnenaufgang auf. Nicht jeden Tag, das wäre übertrieben, aber meistens gehe ich in die Küche, hole mir eine Tasse Kaffee, bringe sie in mein Zimmer und meditiere für 10 bis 20 Minuten. Diese Routine ist unabdingbar. Sie verhilft mir zu so viel Leichtigkeit. Mit ihr kann ich meine Wünsche manifestieren, ich kann die Angst überwinden, und ich kann mich zum ersten Mal wirklich mit mir selbst auseinandersetzen und mir selbst Liebe schenken. Das habe ich in der Vergangenheit nicht immer getan.

G.E.M.

Gloria Tang ist eine Sängerin und Songwriterin aus Hongkong, die man in der Musikbranche als G.E.M. kennt. Die ursprünglich aus dem chinesischen Shanghai stammende Sängerin erlangte über Nacht Berühmtheit, als sie 2014 den zweiten Platz bei dem Gesangswettbewerb I Am a Singer erreichte. 2016 wurde sie die einzige asiatische Künstlerin, die einen begehrten Platz auf der Forbes 30 Under 30-Liste belegte. 2011 verstarb G.E.M.s Großmutter an Bauchspeicheldrüsenkrebs, wenige Wochen vor ihrer ersten ausverkauften Show im Coliseum in Hongkong. Seitdem hält sie zum Andenken an ihre Großmutter bei all ihren Auftritten einen Platz in der ersten Reihe frei.

Wie war es für Sie, von der Krebserkrankung Ihrer Großmutter zu erfahren?

G.E.M.: Ich war 19 Jahre alt und bereitete mich auf mein allererstes Konzert in Hongkong vor. Da rief mich plötzlich mein Großvater aus Shanghai an. Er erzählte mir, dass meine liebe Großmutter Bauchspeicheldrüsenkrebs hat. Und das Schlimmste war, das er unheilbar war. Ich konnte das einfach nicht glauben. Ohne zu zögern flog ich zurück nach Shanghai. Meine Großmutter wusste nicht, dass ich kommen würde, und ich erinnere mich noch an das überraschte Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie in ihrem Krankenhausbett aufwachte und mich dort sah. In den nächsten zwei Wochen verbrachte ich jeden Tag neben ihrem Bett und arbeitete an meinen Liedtexten. Ich sprach mit ihr und betete, dass sie sich erholen und nach Hongkong kommen würde, um ihre Enkelin auf der Bühne zu erleben. Denn sie war diejenige, die mich an die Musik herangeführt hatte. Doch leider hat sie es nicht geschafft. Dadurch wurde mir plötzlich bewusst, dass ich jeden Moment mit den Menschen um mich herum genießen muss.

Was können normale Menschen zum Kampf gegen den Krebs beitragen?

G.E.M.: Alles, was wir tun können, ist, der Person beizustehen, die dies durchmacht – ihr Mut zu geben und sie wissen zu lassen, dass sie während dieser Herausforderung nicht allein ist. Liebe und Zeit sind in diesem Prozess wirklich wichtig. Für mich ist es ein Zeichen meiner Zuneigung, mit einer lieben Person Zeit zu verbringen. Meine Philosophie lautet: Nimm was du nicht ändern kannst mit einem Lächeln an. Liebe gibt meinem Leben Sinn. Wenn Sie gegen Krebs kämpfen, geben Sie die Hoffnung nie auf. Ich habe gelernt, zu leben, als sei jeder Tag mein letzter. Entscheidend für ein erfülltes Leben ist, ob man seinen Sinn darin findet.

Was ist Ihrer Meinung nach der beste Weg, um in einer Krise seinen Seelenfrieden zu bewahren?

G.E.M.: Wenn man sich ganz klar darüber ist, was man besitzt und was der Sinn seines Lebens ist, hat man plötzlich das Gefühl, sich allen Problemen stellen zu können. Ich bin G.E.M.. Ich bin Sängerin und Songwriterin. Mein Name G.E.M. steht dafür, die Menschen in Bewegung zu bringen, und genau das ist der Sinn meiner Musik. Für mich ist der Prozess des Songschreibens manchmal ein Selbstheilungsprozess. Er hilft mir, harte Zeiten zu überstehen.

Deborah James

Deborah James, eine britische Schriftstellerin, Rundfunksprecherin und Moderatorin des „You, Me, and the Big C”-Podcasts, wurde im Alter von 35 Jahren mit Darmkrebs im 4. Stadium diagnostiziert.

Wie verlief Ihr persönlicher Kampf gegen den Krebs in diesem Jahr?

Deborah James: 2020 war eine ziemliche Herausforderung – das Abwägen zwischen der Krebsbehandlung und den Risiken von COVID-19, in dem Wissen, dass die Gesundheitsversorgung dadurch kompromittiert wurde. Doch Initiativen wie Pink Pony helfen mir, das Gute in den Menschen und den Wandel zu sehen, den sie in der Welt, insbesondere für Menschen mit Krebs, bewirken. Das Leben mit Krebs gleicht einer Achterbahnfahrt. Es hat seine Höhen. Ich habe gelernt, intensiver zu lieben, und jeden einzelnen Tag, den ich auf dieser wunderbaren Welt habe, zu schätzen. Aber ich habe auch schreckliche Tiefen erlebt, in denen ich meiner eigenen Sterblichkeit ins Auge sehen und mich von geliebten Menschen verabschieden musste. Ich widme ihnen jeden meiner verbleibenden Tage.

Was würden Sie zu Menschen sagen, die erst vor Kurzem mit Krebs diagnostiziert wurden?

DJ: Wenn Sie Ihre Krebsdiagnose gerade erst erhalten haben – willkommen im Club. Es ist ein Club, dem Sie nie angehören wollten, aber ich verspreche Ihnen, dass Sie hier eine riesige Gemeinschaft finden, die Zuneigung, Unterstützung und Solidarität bietet, und weiß, wie es ist, wenn einen um drei Uhr morgens die Angst überkommt. Ich verspreche Ihnen auch, dass es Hoffnung gibt. Es gibt Hoffnung, weil es Menschen gibt, die mit Krebs leben, und Menschen, die in einer Zukunft leben, von der sie nicht einmal wussten, dass sie sie haben. Ich bin einer von ihnen, und dafür bin ich unendlich dankbar. Ich wünsche Ihnen alles Glück und alles Liebe, und dass Sie jeden Tag nehmen können, wie er kommt. Wir sind hier und wir weichen nicht von Ihrer Seite, wenn Sie neu diagnostiziert wurden. Alles Liebe.

Wie würden Sie Ihre persönliche Philosophie in diesen schwierigen letzten Jahren zusammenfassen?

DJ: Mein Motto lautet: Ein Tag nach dem anderen. Liebe gibt mir Hoffnung. Ich möchte, dass die Welt weiß, dass Liebe sie stärker machen kann. Ich möchte, dass die Welt weiß, dass wir, wenn wir einander Liebe zeigen, gemeinsam Großes erreichen können.

Professor Dr. Michael Baumann

Professor Dr. Michael Baumann ist Radioonkologe sowie Vorsitzender und wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Wie können normale Menschen zum Kampf gegen Krebs beitragen?

Professor Dr. Michael Baumann: Jeder von uns kann helfen, indem er Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen ernst nimmt. Darüber hinaus kann jeder von uns zur Verbesserung der Krebsforschung und -behandlung beitragen, z. B. durch Geldspenden und indem er sich öffentlich für eine bessere Forschung und Gesundheitsversorgung einsetzt.

Was wissen die Menschen nicht über den Kampf gegen Krebs?

MB: Etwas, das vielen nicht bewusst ist, ist, wie wichtig die Krebsvorsorge und die Früherkennung sind. Wir könnten bis zu 70 Prozent aller krebsbedingten Todesfälle verhindern, wenn wir uns in diesen Bereichen verbessern.

Was würden Sie jemandem raten, der gegen Krebs kämpft?

MB: Wir stehen Ihnen zur Seite, indem wir Krebsforschung für eine bessere Versorgung in der Zukunft betreiben.

Was sagt Ihrer Meinung nach viel über eine Person aus ... ?

MB: Die Art und Weise, wie sie schwierigen Herausforderungen begegnet.

Ai Tominaga

Ai Tominaga ist Model und engagiert sich regelmäßig in wohltätigen und philanthropischen Aktivitäten. Als erste Sprecherin Japans für „Fashion Targets Breast Cancer” im Jahr 2003 ist sie eine passionierte Fürsprecherin der Krebsvorsorge und -prävention.

Was verbindet Sie mit Krebs?

Ai Tominaga: Kürzlich bestand bei einer guten Freundin von mir der Verdacht auf Brustkrebs. Sie musste sich mehrere Monate lang Tests unterziehen. In dieser Zeit begann sie, mehr über ihr Leben nachzudenken. Obwohl sich herausstellte, dass sie keinen Krebs hat, wurde mir in ihrer Gegenwart bewusster, wie beängstigend die Krankheit sein kann. Unser Leben ist so hektisch, dass es im Ernstfall schwierig sein kann, etwas zu unternehmen. Initiativen wie Pink Pony, die das Bewusstsein für Brustkrebs durch Mode fördern, sind wirklich wichtig.

Was bedeutet Liebe für Sie?

AT: Liebe verbindet uns in guten und in schweren Zeiten. Ich glaube, Liebe gibt uns einen Grund, zu leben. Durch die Verbreitung des neuartigen Coronavirus sind Dinge, die früher einmal alltäglich waren, nicht mehr selbstverständlich. Doch infolgedessen achten wie nun mehr als zuvor auf unsere Gesundheit. Eine fröhliche und positive Einstellung zu haben und Zeit mit unseren Liebsten zu verbringen, hält uns geistig und körperlich gesund. Wer liebt, ist nie allein – Liebe ist das Einzige, was zählt.

Was ist Ihre Lebensphilosophie?

AT: Wer heute stürzt, kann morgen wieder aufstehen.

Dieses Jahr begehen wir den 20. Jahrestag von Pink Pony – der weltweiten Initiative von Ralph Lauren für Vorsorgeuntersuchungen, Frühdiagnose, Behandlung, Aufklärung und Unterstützung von Patienten im Kampf gegen Krebs. Um die zurückliegenden zwei Jahrzehnte zu würdigen und die bevorstehenden zu feiern, haben wir mit 36 Männern und Frauen auf der ganzen Welt über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Krankheit gesprochen. Überlebende, Fürsprecher, Aktivisten und Mitarbeiter des Gesundheitswesens haben uns jeweils eine persönliche Geschichte erzählt, die von Stärke, Mut und der unerschütterlichen Entschlossenheit geprägt war, nach ihren eigenen Regeln zu kämpfen. In Zoom-Interviews, Privataufnahmen und einem Shooting in New Jersey kamen ihre Familien sowie alte und neue Freunde zu Wort. In der folgenden Sonderausgabe von „RL – Fragen und Antworten” haben wir die Geschichten von sieben Personen aus der Gruppe zusammengetragen, die ihre Vision der Liebe und einer krebsfreien Zukunft verbindet. Mit den Worten von Nina Luker, einer 24-jährigen Lymphom-Überlebenden aus Pennsylvania: „Liebe ist die Sonne, die dir ins Gesicht scheint.” Hier einige inspirierende Lektionen von Menschen, die ihr Licht und das ihrer Mitmenschen stets hell leuchten lassen.

Dr. Ibram X. Kendi

Dr. Ibram X. Kendi ist der Andrew-W.-Mellon-Professor für Geisteswissenschaften an der Boston University und der Gründungsdirektor des dortigen Center for Antiracist Research. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter das mit dem National Book Award for Nonfiction ausgezeichnete Stamped From the Beginning: The Definitive History of Racist Ideas in America („Von Anfang an abgestempelt: Die definitive Geschichte rassistischer Ideologien in Amerika”), sowie drei Titel, die auf Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste standen. Im Januar 2018 wurde bei ihm Dickdarmkrebs im 4. Stadium diagnostiziert.

Wie sah Ihr persönlicher Krankheitsverlauf aus?

Dr. Ibram X. Kendi: Ich bin der Sohn einer Frau, die Brustkrebs hatte, und auch meine Frau hat mit Mitte 30 gegen Brustkrebs gekämpft. Ich erhielt im Januar 2018 die Diagnose Dickdarmkrebs im 4. Stadium, und unterzog mich dann sechs Monate lang einer Chemotherapie. Ich wurde im August 2018 operiert. Glücklicherweise geht es mir seitdem wieder gut. Es gab eine Zeit, da dachte ich, dass ich heute nicht mehr hier sein würde.

Was konnten Sie vom Leben mit Krebs lernen – welche Lehren ziehen Sie rückblickend aus dieser Erfahrung?

IK: Wie wichtig es ist, Kampfgeist zu zeigen. Wir kämpfen gegen Rassismus in der Politik, und ich habe Jahre mit diesem wichtigen Kampf gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere Formen von Bigotterie verbracht. Auf diesem Schlachtfeld kämpfen wir buchstäblich für Menschlichkeit. Gleichermaßen bestreiten wir unsere persönlichen Gefechte. Man muss der Krankheit persönlich den Kampf ansagen, um für die eigene Menschlichkeit einzustehen. Und wer diesen Kampf gewinnt, kehrt dann hoffentlich ins Leben zurück und kämpft für die Menschlichkeit von uns allen.

Wie können wir in dieser stark polarisierten Zeit mehr Menschen zusammenbringen, damit sie erkennen, dass wir alle Teil derselben Familie sind?

IK: Ich schätze das Engagement von Pink Pony für mehr Liebe und Verständnis zwischen den Menschen, denn dies ist das einzige, das uns helfen kann. Liebe ist ein zwischenmenschlicher Akt. Zweifellos war es Liebe, die mich gerettet hat. Meine Frau hat mich praktisch gegen meinen Willen zu einer Darmspiegelung gezerrt. Und beinahe hätte ich erst zwei Monate später einen Termin dafür bekommen, weil die Warteliste so lang war. Ich vermute, dass andere Leute etwa zur gleichen Zeit in der Klinik anriefen und ihre Koloskopie erst zwei Monate später durchführen lassen konnten. Und ich frage mich, ob diese zwei Monate in manchen Fällen den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachten. Unser Gesundheitssystem ist nicht auf Liebe und Mitgefühl ausgelegt. Zweifellos gibt es viele Ärzte, die kein Einfühlungsvermögen für ihre Patienten besitzen, und sie wie ein Objekt betrachten – das ist problematisch. Vor kurzem habe ich einen Artikel gelesen, in dem es hieß, dass wir nur 2,5 Prozent unserer Mittel für das Gesundheitswesen ausgeben. 2,5 Prozent. In einer besseren Welt wären es 50 oder 75 Prozent. Stellen Sie sich vor, wie stark wir die Zahl der Beschwerden und Erkrankungen in der Bevölkerung reduzieren könnten!

Dr. Harold Freeman

Dr. Freeman ist ein Krebschirurg, der seit fast 50 Jahren auf diesem Gebiet tätig ist. Er ist Mitbegründer des Ralph Lauren Center for Cancer Care in Harlem in New York City, ein ehemaliger Präsident der American Cancer Society, und emeritierter Professor für Chirurgie an der Columbia University. Er war Leiter der chirurgischen Abteilung des Harlem Hospital. 1990 gründete die American Cancer Society den Dr. Harold P. Freeman Award, um seine umfassenden Bemühungen für ein faireres Patienten-Navigationsmodell zu würdigen, das Ungleichheiten beim Zugang zu einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung abschaffen soll.

Sie haben Pionierarbeit bei der Einführung der Patientennavigation geleistet – einem entscheidenden Instrument im Kampf um Früherkennung und Behandlung. Wie verlief der Entwicklungsprozess?

Dr. Harold Freeman: Als ich 1988 zum Landesvorsitzenden des American Cancer Center ernannt wurde, entwickelte ich ein Konzept, das ich Patientennavigation nannte. Dabei geht es im Prinzip darum, Krebspatienten durch unser komplexes Gesundheitssystem zu leiten und sie zu unterstützen, wenn sie auf Finanz- oder Kommunikationsbarrieren stoßen. Sie begegnen diesen Barrieren, weil das System selbst so komplex ist. Sie treffen auf Barrieren, weil sie Angst haben und misstrauisch und emotional sind. Deshalb haben wir im Harlem Hospital seit den 90-er Jahren die sogenannte Patientennavigation eingeführt. Ich stellte sogenannte Patientennavigatoren ein, die direkt mit den Erkrankten zusammenarbeiteten. Wenn ein Patient zu mir kam, war der Navigator bei der Untersuchung des Patienten anwesend. Nach der Untersuchung sagte ich dem Patienten zum Beispiel: „Sie sollten eine Biopsie vornehmen lassen.” Der Navigator brachte den Patienten dann in einen anderen Raum und fragte: „Haben Sie verstanden, was der Arzt gesagt hat?” Oft war das nicht der Fall. Der Navigator würde dann fragen: „Gibt es Barrieren, die einer Biopsie im Wege stehen?” Wenn der Patient etwa sagte, „Ich bin nicht krankenversichert”, wäre es dann die Aufgabe des Navigators, die Versicherung für den Patienten zu organisieren. Oftmals musste ich dabei helfen. Oft sagten Patienten auch: „Ich habe Angst, und ich vertraue diesen Ärzten nicht”. In dem Fall würde der Navigator seine persönliche Beziehung zu dem Patienten nutzen, um dessen Angst und Nervosität zu lindern. Diese Barrieren zu beseitigen und den Patienten zügig durch das Gesundheitssystem zu führen, wurde zu dem, was wir heute Patientennavigation nennen. Durch diesen Prozess konnten wir die Sterblichkeitsrate durch Brustkrebs deutlich senken. Nun kann er auf jede Art von Krebs oder Krankheit angewendet werden.

Menschen müssen sich um Menschen kümmern. Das Gesundheitswesen mag gut sein, das Krankenhaus mag gut sein, und dennoch brauchen Menschen persönliche Beratung und Unterstützung.

—Dr. Harold Freeman zu Patientennavigation

Die emotionale Komponente ist bei Krebserkrankungen so bedeutsam. Wie können wir Menschen, die mit der Krankheit kämpfen, auf ganzheitliche Weise unterstützen?

HF: Meiner Erfahrung nach fehlte es den meisten Menschen, die ich in Harlem behandelte, an Unterstützung. Wir müssen also einen Weg finden, als Ärzte und Chirurgen nicht nur korrekte medizinische Diagnosen zu stellen, sondern den Patienten auch unterstützend zur Seite zu stehen. Allerdings habe ich festgestellt, dass es den Ärzten selbst an der Zeit fehlt, um Patienten den nötigen Support zu bieten. Sie können ein gewisses Maß an Unterstützung geben, müssen aber andere Personen hinzuziehen, um ihnen dabei zu helfen. Es braucht ein Team von Menschen, um diese Aufgabe zu erledigen – um einer Person zu helfen. Das Leben an sich ist eine Reise, und Krebs ist ein Abschnitt darin. Dieser Abschnitt kann schwer sein, aber wir können ihn etwas leichter gestalten. So begann ich zu verstehen, dass ich mich nicht nur persönlich um jeden Patienten kümmern muss, sondern dass ich dabei das Konzept der Reise, die der Patient von einem Anfangs- zu einem gewissen Endpunkt zurücklegen muss, im Auge behalten sollte. Das ist eine andere Art, Medizin zu betrachten. Den Krankheitsverlauf des Patienten als Reise durch ein Kontinuum zu einem bestimmten Endpunkt zu betrachten, z. B. von einem anormalen Befund wie einem Knoten in der Brust oder einem Bluttest der Prostata. Von dort aus muss der Patient in die nächste Phase der Behandlung begleitet werden. Das kann z. B. eine Biopsie sein. Das ist eine Reise, und zwar eine Reise unter vier Augen, und nicht nur ein Pflegesystem, das nichts mit der Entwicklung des Individuums zu tun hat.

Nina Luker

Im Alter von 23 Jahren lebte Nina Luker aus Pennsylvania mit ihrer Mitbewohnerin Christina in New York, wo sie in der Werbebranche arbeitete. Als frühere Athletin der ersten Division an der University of North Carolina in Chapel Hill war das Letzte, was sie sich für ihr 24. Lebensjahr ausmalte, die Krebsdiagnose, die ihre Welt von Grund auf erschüttern würde. Vor sechs Monaten, wenige Tage vor dem Ausbruch von COVID-19, wurde bei ihr ein diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom im vierten Stadium diagnostiziert, eine Art Non-Hodgkin-Lymphom. Heute befindet sie sich in der Remission.

Wie würden Sie diesen ersten Tag, an dem Sie die Diagnose erhielten, und Ihre unmittelbaren Gefühle beschreiben?

Nina Luker: Ich war in meinem Zimmer und blickte auf die Skyline von New York. Ich erhielt den Anruf von meinem Arzt mit meiner Familie an der anderen Leitung, und ich hörte das Wort Krebs. Ich erinnere mich nur daran, dass ich den Hörer fallen ließ und aus vollem Hals schrie. Diesen Moment werde ich nie vergessen. Sekunden später rief ich Christina, und sie kam in den Raum. Ich kauerte in Embryonalstellung auf unserer Couch. Sie nahm mich in den Arm, gab mir Hoffnung und erlaubte mir, all das zu fühlen, was ich in diesem Moment empfand. Sie gab mir den Glauben, dass ich das durchstehen würde. Ich musste in diesem Moment erwachsen werden. Ich musste stark sein für mich selbst, für meine Familie und für meine Freunde.

Und für das Leben danach. Wie geht es Ihnen mit der jetzigen Situation?

NL: Es gab Momente, in denen ich Zweifel hatte, dass ich das Ganze mental und körperlich durchstehen würde. Es ist erst eine Woche her, dass ich erfahren habe, dass sich der Krebs in Remission befindet. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass ich für diesen mentalen Kampf wirklich dankbar bin. Bis zu diesem Moment hatte ich mir nie in meinem Leben wirklich zugetraut, etwas durchzustehen. Ich werde nie vergessen, wie ich morgens aufgewacht bin, nachdem ich am Vorabend die gute Nachricht erhielt. Ich hatte dieses überwältigende Gefühl, zu schweben, als hätte sich mein Körper aus meinem Bett gehoben, und ich war frei – dieses Gefühl, zu wissen, dass ich mich in Remission befinde. Und das ist ein schweres Wort, denn es bedeutet nicht, dass ich krebsfrei bin. Das Risiko, dass ich an Krebs erkranke und einen Rückfall erleide, ist immer noch vorhanden, aber in diesem Moment war dies ein Sieg, den ich gefeiert habe.

Für Frauen ist das Haar und die Frisur oft sehr wichtig. Aber wie vieles andere in Ihrem Leben, mussten Sie auch das loslassen. Was kam Ihnen in den Sinn, als Sie in den Spiegel sahen, nachdem Ihr Vater Ihren Kopf rasiert hatte?

NL: Dieser Augenblick wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich mein Haar in die Hand nahm, und dass es ziemlich viel war. Ich hatte das Gefühl, dass ein Teil von mir verschwunden war, weil ich diese Haare nicht mehr hatte. Aber zugleich hatte ich auch das Gefühl, dass dies mein wahres Ich ist. Ich nahm den Schleier des Jemand-Seins und der äußeren Erscheinung ab. Als sei dadurch mein Innerstes freigelegt worden. Als er fertig war, küsste mein Vater meinen Kopf. Das werde ich nie vergessen. Das war ein ganz besonderer Moment, denn ich fühlte mich geliebt und angenommen.

Was für Dinge tun Sie jetzt morgens und vielleicht auch abends, die sich von Ihrer bisherigen Routine unterscheiden?

NL: Mein Morgen ist mir heilig. In der Regel stehe ich bei Sonnenaufgang auf. Nicht jeden Tag, das wäre übertrieben, aber meistens gehe ich in die Küche, hole mir eine Tasse Kaffee, bringe sie in mein Zimmer und meditiere für 10 bis 20 Minuten. Diese Routine ist unabdingbar. Sie verhilft mir zu so viel Leichtigkeit. Mit ihr kann ich meine Wünsche manifestieren, ich kann die Angst überwinden, und ich kann mich zum ersten Mal wirklich mit mir selbst auseinandersetzen und mir selbst Liebe schenken. Das habe ich in der Vergangenheit nicht immer getan.

G.E.M.

Gloria Tang ist eine Sängerin und Songwriterin aus Hongkong, die man in der Musikbranche als G.E.M. kennt. Die ursprünglich aus dem chinesischen Shanghai stammende Sängerin erlangte über Nacht Berühmtheit, als sie 2014 den zweiten Platz bei dem Gesangswettbewerb I Am a Singer erreichte. 2016 wurde sie die einzige asiatische Künstlerin, die einen begehrten Platz auf der Forbes 30 Under 30-Liste belegte. 2011 verstarb G.E.M.s Großmutter an Bauchspeicheldrüsenkrebs, wenige Wochen vor ihrer ersten ausverkauften Show im Coliseum in Hongkong. Seitdem hält sie zum Andenken an ihre Großmutter bei all ihren Auftritten einen Platz in der ersten Reihe frei.

Wie war es für Sie, von der Krebserkrankung Ihrer Großmutter zu erfahren?

G.E.M.: Ich war 19 Jahre alt und bereitete mich auf mein allererstes Konzert in Hongkong vor. Da rief mich plötzlich mein Großvater aus Shanghai an. Er erzählte mir, dass meine liebe Großmutter Bauchspeicheldrüsenkrebs hat. Und das Schlimmste war, das er unheilbar war. Ich konnte das einfach nicht glauben. Ohne zu zögern flog ich zurück nach Shanghai. Meine Großmutter wusste nicht, dass ich kommen würde, und ich erinnere mich noch an das überraschte Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie in ihrem Krankenhausbett aufwachte und mich dort sah. In den nächsten zwei Wochen verbrachte ich jeden Tag neben ihrem Bett und arbeitete an meinen Liedtexten. Ich sprach mit ihr und betete, dass sie sich erholen und nach Hongkong kommen würde, um ihre Enkelin auf der Bühne zu erleben. Denn sie war diejenige, die mich an die Musik herangeführt hatte. Doch leider hat sie es nicht geschafft. Dadurch wurde mir plötzlich bewusst, dass ich jeden Moment mit den Menschen um mich herum genießen muss.

Was können normale Menschen zum Kampf gegen den Krebs beitragen?

G.E.M.: Alles, was wir tun können, ist, der Person beizustehen, die dies durchmacht – ihr Mut zu geben und sie wissen zu lassen, dass sie während dieser Herausforderung nicht allein ist. Liebe und Zeit sind in diesem Prozess wirklich wichtig. Für mich ist es ein Zeichen meiner Zuneigung, mit einer lieben Person Zeit zu verbringen. Meine Philosophie lautet: Nimm was du nicht ändern kannst mit einem Lächeln an. Liebe gibt meinem Leben Sinn. Wenn Sie gegen Krebs kämpfen, geben Sie die Hoffnung nie auf. Ich habe gelernt, zu leben, als sei jeder Tag mein letzter. Entscheidend für ein erfülltes Leben ist, ob man seinen Sinn darin findet.

Was ist Ihrer Meinung nach der beste Weg, um in einer Krise seinen Seelenfrieden zu bewahren?

G.E.M.: Wenn man sich ganz klar darüber ist, was man besitzt und was der Sinn seines Lebens ist, hat man plötzlich das Gefühl, sich allen Problemen stellen zu können. Ich bin G.E.M.. Ich bin Sängerin und Songwriterin. Mein Name G.E.M. steht dafür, die Menschen in Bewegung zu bringen, und genau das ist der Sinn meiner Musik. Für mich ist der Prozess des Songschreibens manchmal ein Selbstheilungsprozess. Er hilft mir, harte Zeiten zu überstehen.

Deborah James

Deborah James, eine britische Schriftstellerin, Rundfunksprecherin und Moderatorin des „You, Me, and the Big C”-Podcasts, wurde im Alter von 35 Jahren mit Darmkrebs im 4. Stadium diagnostiziert.

What has this year been like when it comes to your personal cancer battle?

Wie verlief Ihr persönlicher Kampf gegen den Krebs in diesem Jahr?

Deborah James: 2020 war eine ziemliche Herausforderung – das Abwägen zwischen der Krebsbehandlung und den Risiken von COVID-19, in dem Wissen, dass die Gesundheitsversorgung dadurch kompromittiert wurde. Doch Initiativen wie Pink Pony helfen mir, das Gute in den Menschen und den Wandel zu sehen, den sie in der Welt, insbesondere für Menschen mit Krebs, bewirken. Das Leben mit Krebs gleicht einer Achterbahnfahrt. Es hat seine Höhen. Ich habe gelernt, intensiver zu lieben, und jeden einzelnen Tag, den ich auf dieser wunderbaren Welt habe, zu schätzen. Aber ich habe auch schreckliche Tiefen erlebt, in denen ich meiner eigenen Sterblichkeit ins Auge sehen und mich von geliebten Menschen verabschieden musste. Ich widme ihnen jeden meiner verbleibenden Tage.

Was würden Sie zu Menschen sagen, die erst vor Kurzem mit Krebs diagnostiziert wurden?

DJ: Wenn Sie Ihre Krebsdiagnose gerade erst erhalten haben – willkommen im Club. Es ist ein Club, dem Sie nie angehören wollten, aber ich verspreche Ihnen, dass Sie hier eine riesige Gemeinschaft finden, die Zuneigung, Unterstützung und Solidarität bietet, und weiß, wie es ist, wenn einen um drei Uhr morgens die Angst überkommt. Ich verspreche Ihnen auch, dass es Hoffnung gibt. Es gibt Hoffnung, weil es Menschen gibt, die mit Krebs leben, und Menschen, die in einer Zukunft leben, von der sie nicht einmal wussten, dass sie sie haben. Ich bin einer von ihnen, und dafür bin ich unendlich dankbar. Ich wünsche Ihnen alles Glück und alles Liebe, und dass Sie jeden Tag nehmen können, wie er kommt. Wir sind hier und wir weichen nicht von Ihrer Seite, wenn Sie neu diagnostiziert wurden. Alles Liebe.

Wie würden Sie Ihre persönliche Philosophie in diesen schwierigen letzten Jahren zusammenfassen?

DJ: Mein Motto lautet: Ein Tag nach dem anderen. Liebe gibt mir Hoffnung. Ich möchte, dass die Welt weiß, dass Liebe sie stärker machen kann. Ich möchte, dass die Welt weiß, dass wir, wenn wir einander Liebe zeigen, gemeinsam Großes erreichen können.

Professor Dr. Michael Baumann

Professor Dr. Michael Baumann ist Radioonkologe sowie Vorsitzender und wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Wie können normale Menschen zum Kampf gegen Krebs beitragen?

Professor Dr. Michael Baumann: Jeder von uns kann helfen, indem er Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen ernst nimmt. Darüber hinaus kann jeder von uns zur Verbesserung der Krebsforschung und -behandlung beitragen, z. B. durch Geldspenden und indem er sich öffentlich für eine bessere Forschung und Gesundheitsversorgung einsetzt.

Was wissen die Menschen nicht über den Kampf gegen Krebs?

MB: Etwas, das vielen nicht bewusst ist, ist, wie wichtig die Krebsvorsorge und die Früherkennung sind. Wir könnten bis zu 70 Prozent aller krebsbedingten Todesfälle verhindern, wenn wir uns in diesen Bereichen verbessern.

Was würden Sie jemandem raten, der gegen Krebs kämpft?

MB: Wir stehen Ihnen zur Seite, indem wir Krebsforschung für eine bessere Versorgung in der Zukunft betreiben.

Was sagt Ihrer Meinung nach viel über eine Person aus ... ?

MB: Die Art und Weise, wie sie schwierigen Herausforderungen begegnet.

Ai Tominaga

Ai Tominaga ist Model und engagiert sich regelmäßig in wohltätigen und philanthropischen Aktivitäten. Als erste Sprecherin Japans für „Fashion Targets Breast Cancer” im Jahr 2003 ist sie eine passionierte Fürsprecherin der Krebsvorsorge und -prävention.

Was verbindet Sie mit Krebs?

Ai Tominaga: Kürzlich bestand bei einer guten Freundin von mir der Verdacht auf Brustkrebs. Sie musste sich mehrere Monate lang Tests unterziehen. In dieser Zeit begann sie, mehr über ihr Leben nachzudenken. Obwohl sich herausstellte, dass sie keinen Krebs hat, wurde mir in ihrer Gegenwart bewusster, wie beängstigend die Krankheit sein kann. Unser Leben ist so hektisch, dass es im Ernstfall schwierig sein kann, etwas zu unternehmen. Initiativen wie Pink Pony, die das Bewusstsein für Brustkrebs durch Mode fördern, sind wirklich wichtig.

Was bedeutet Liebe für Sie?

AT: Liebe verbindet uns in guten und in schweren Zeiten. Ich glaube, Liebe gibt uns einen Grund, zu leben. Durch die Verbreitung des neuartigen Coronavirus sind Dinge, die früher einmal alltäglich waren, nicht mehr selbstverständlich. Doch infolgedessen achten wie nun mehr als zuvor auf unsere Gesundheit. Eine fröhliche und positive Einstellung zu haben und Zeit mit unseren Liebsten zu verbringen, hält uns geistig und körperlich gesund. Wer liebt, ist nie allein – Liebe ist das Einzige, was zählt.

Was ist Ihre Lebensphilosophie?

AT: Wer heute stürzt, kann morgen wieder aufstehen.

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