
Es werde Licht!
Drei Künstler und Designer finden neue Wege, um die Grenzen zwischen Kunst und Beleuchtung zu verwischenKunstobjekte in Galerien sind in der Regel von den Funktionen unseres täglichen Lebens abgekoppelt und über die Konzepte und die Ästhetik erhaben, die unser Zuhause verschönern und mit Bedeutung füllen. Man vergisst leicht, dass das nicht so sein muss. Nehmen wir zum Beispiel die elektrische Lampe. Seit den 1920er Jahren, als man unter Verwendung von Wolfram günstigere und stabilere Glühbirnen herstellen konnte, sind Lampen ein fester Bestandteil in fast jedem Haushalt. Doch Leuchten (der Fachbegriff für elektrische Lampen) können eigenständige Kunstwerke sein, denen ebenso viel Bedeutung wie Funktion innewohnt – egal, ob sie eine Geschichte erzählen, mit ungewöhnlichen Materialien experimentieren oder eine Botschaft über den Zustand unseres Planeten verkörpern. Im Folgenden stellen wir drei Künstler vor, die mit dem Medium Licht arbeiten.
Angela Damman
Die Hazienda von Angela Damman im Dschungel vor Mérida im südöstlichen Bundesstaat Yucatán in Mexiko brummt vor Geschäftigkeit. Insbesondere summt während unseres Gesprächs eine Zerfaserungsmaschine, die die Fasern der Sansevieria-Pflanzen ablöst, mit denen die Künstlerin ihre Kronleuchter mit einer Art Pferdemähne aus hauchdünnen Gazesträhnen verziert.
„Sie wurde nicht wirklich erschlossen oder genutzt, außer dass sie hier als Feuerdamm für die Henequen-Felder verwendet wird“, sagt Damman über die Sansevieria-Pflanze, die so etwas wie ihr Markenzeichen geworden ist. „Nur ein Gentleman aus Ohio baute sie für die Herstellung von Perücken an, weil sie dem menschlichen Haar sehr ähnlich ist.“
Das wichtigste für Damman ist jedoch, dass die Sansevieria und die ähnlich faserreiche Henequen-Agave, die sie ebenfalls verwendet, nachhaltig angebaut werden können und wunderschöne Fasern liefern. Die Sansevieria, die im Deutschen auch als Bogenhanf oder Schwiegermutterzunge bekannt ist, ist eine weit verbreitete Zierpflanze, die bekanntlich die Luftqualität verbessert. Sie wächst fast ohne Wasser und ermöglicht es Damman, kontinuierlich mit etwa 60 bis 80 lokalen Kunsthandwerkern pro Projekt zusammenzuarbeiten. Seit sie 2011 – nach 20 Jahren weltweiter Tätigkeit in der ländlichen Wirtschaftsentwicklung – aus den USA hierher zog, ist dies ein wichtiges Ziel für sie.

„Die Arbeit mit ländlichen Gemeinden im Bereich der Landwirtschaft war mein Beruf, doch ursprünglich wollte ich Designerin werden und fand damals einfach noch nicht meine Berufung“, sagt Damman, die zuvor in der globalen Entwicklung erneuerbarer Energien arbeitete, bevor sie in Colorado sesshaft wurde und schließlich mit ihrem Mann nach Yucatán umsiedelte. „Als ich hierher kam, dachte ich: ‚Toll, wie viele Möglichkeiten es hier gibt, mit den Menschen vor Ort zu arbeiten. Was können wir mit ihrem Wissen und ihren Fertigkeiten daraus gestalten, um neue Märkte und Möglichkeiten für sie und auch für mich zu schaffen?‘ Ich habe von Anfang an mit denselben Handwerkern zusammengearbeitet, und wir sind alle gemeinsam gewachsen.“

Ein Teil dieses Wachstums ist auf das steigende Interesse der Kunst- und Designszene zurückzuführen. So zeigte sie kürzlich auf der Design Miami mit der britischen Sarah Myerscough Gallery einen dramatischen Kronleuchter, der an Cousin Itt aus der „Addams Family“ erinnert. Der knapp zwei Meter hohe Kronleuchter, der in mühevoller Kleinarbeit aus zehntausenden Metern handgesponnener Biofasern gefertigt wurde, zog viele Schaulustige an, die von den leuchtenden Fransen fasziniert waren und anschließend einen Einblick in Dammans nachhaltige, manuelle Fertigungsverfahren erhielten.
„Die Reaktionen waren überwältigend“, sagt Damman, „denn ich lebe hier in einer Art Blase und fertige meine Designs, und ich weiß einfach nie, wohin sie mich führen werden. Ich habe natürlich einige Grundsätze, aber es ist aufregend zu sehen, dass sich mit diesen Kunstmessen ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Das inspiriert mich, meine Arbeit fortzusetzen und immer wieder Neues auszuprobieren.“
Wasserkreationen
Vor dreißig Jahren, nach einem Schnorchelausflug im Roten Meer vor der ägyptischen Halbinsel Sinai, gründete der israelische Designer Albi Serfaty sein Studio Aqua Creations. Sein Ziel: Leuchten in maritimen Formen gestalten. Auf seiner Suche nach einer maritimen Ästhetik erkannte Serfaty zunehmend, dass die Wasserwege, die seine Arbeit prägten, in Gefahr waren. So begann er ein Projekt mit Formen des Doiran-Sees an der nordmazedonisch-griechischen Grenze und des Tschad-Sees im nord-zentralafrikanischen Land Tschad, die beide in den letzten Jahren dramatisch schrumpften.
„Ich recherchierte mithilfe von Google Earth verschiedene Formen von Seen“, sagt Serfaty. „Ich würde den Leuchten gern attraktive Namen wie „Comer See“ oder „Michigansee“ geben, aber die Formen funktionierten leider nicht. Also suchte ich nach Formen, die ich mir merken kann, und dann sah ich die Seen [auf Google Earth] und mir wurde klar, dass die meisten von ihnen in großer Gefahr sind. In Gefahr aufgrund unserer übermäßigen Wassernutzung.“

Die so entstandenen Seeleuchten, die in einer kunstvollen Installation auf der Design Miami mit dem Titel Light on Water gipfelten, sind beeindruckend. Sie ähneln ausgetrockneten Seebetten, deren Ufer zur Mitte hin abfallen, und sollen auf die Übernutzung von Süßwasserseen auf der ganzen Welt aufmerksam machen. Eine andere Lampe, eine Gruppe dieser Leuchten aus seeähnlichen, spiegelartigen Lotusblüten auf einem Teich, ist eine optimistischere Perspektive mit dem Namen „Lotus Lake“. „Der Lotus ist ein Symbol der Reinheit“, sagt Serfaty.
Im selben Maße, in dem Serfaty seine jüngsten Arbeiten dem Wasserschutz widmet – sein nächstes Projekt befasst sich mit der Übernutzung des Jordan, der in das Tote Meer fließt, und heißt The Dying Dead – hat er sich auch dem Optimismus und der Schönheit verschrieben. Serfaty verwendet für die Herstellung der Lampen eine ganz besondere Seide, die er „Tussar-Seide“ nennt und die aus den Kokons von Seidenraupen aus einem Wald außerhalb eines traditionellen Weberdorfs in Südindien gewonnen wird. Die Seidenraupen dürfen schlüpfen, bevor ihre leeren Kokons geerntet und zu der hauchzarten Seide verarbeitet werden, die für die Fertigung der Leuchten von Aqua Creations erforderlich ist.
Die Lampen selbst sind atemberaubend, ob es sich nun um die großformatigen kinetischen Mobilé-Leuchten handelt, die an die Werke Alexander Calders erinnern, oder um die farbenfrohen Pendelleuchten der Serie „Code 130˚“, zu denen die Menschen aufschauen sollen. Mit den wunderschönen, zum Nachdenken anregenden Leuchten von Aqua Creations greift Serfaty auf etwas zurück, das er als Fotograf gelernt hat – sein ursprünglicher Beruf, bevor er sich dem Lichtdesign zuwandte – nämlich die Idee, etwas in den Fokus zu rücken und heranzuzoomen.
„Ursprünglich bin ich Fotograf, und Fotografie ist die Entscheidung, den Rahmen von der Welt zu trennen“, sagt Serfaty über die Herstellung von Leuchten, die eine Botschaft in sich tragen. „Ich fragte mich: ‚Was kann ich als Designer tun?‘ Ein Musiker würde ein Lied verfassen, ein Schriftsteller ein Buch oder ein Gedicht schreiben. Ein jeder tut einfach das, was er in seinem Fachgebiet tut, und so sagte ich mir: ‚Okay, ich bin Lichtdesigner. Ich stecke meine Botschaft in Leuchten.“
Lauren Elder

Für die in Los Angeles ansässige Keramikerin Lauren Elder ist eine Leuchte das perfekte Objekt, um Geschichten zu erzählen. In der kürzlich in der Wilding Cran Gallery in LA gezeigten Ausstellung The Muse and the Simurgh war eine Leuchte zu sehen, die aus demselben Ton geformt wurde wie Elders Skulpturen und Vasen auf den umstehenden Podesten – beide fangen eine geheimnisvolle Welt ein, in der man das Gefühl hat, Relikte einer längst vergessenen Kultur zu entdecken. In ihrem Namen verbirgt sich ein Hinweis: Der Simurgh, ein vogelähnliches Tier aus der persischen Mythologie, verweist auf die Geschichten und Erzählungen von Elders Vorfahren. Ihre Mutter, die ursprünglich aus dem Irak stammt und im Iran aufgewachsen ist, und ihr Vater, der in Schottland geboren wurde, kamen beide mit ihrer eigenen Geschichte in die USA.
„Es geht also darum, wie Geschichten von Generation zu Generation weitergegeben werden, aber auch darum, wie ich meine eigenen Verbindungen und Welten einflechte und wie sie eingraviert und gezeichnet werden, als wären es Hieroglyphen“, sagt Elder. Damit bezieht sie sich auf die Art und Weise, wie sie mit traditionellen Tonwerkzeugen Erzählungen in die Basen ihrer Keramiklampen ritzt, die sie anschließend mit einer Lampenfassung und Stromkabeln versieht.
Ihre neusten Werke bestehen aus Leuchten, in deren tropfenförmige Keramikbasen persönliche Biografien eingraviert sind. Sie erzählen von einer Reise nach Palm Springs, der ein Hauch vergangener „Hollywood-Coolness“ anhaftet – etwas, das dem Ort ihrer Meinung nach inhärent ist, von der modernen Architektur aus der Mitte des letzten Jahrhunderts bis hin zum Innendesign und Dekor dieser Ära.
Elder, die am Art Institute of Chicago studiert hat, berichtet, ihre Leidenschaft für Leuchten der Renovierung der Wohnung ihres Freundes zu verdanken. Doch als sie sich die Lampen, die sie für die Renovierung ins Auge gefasst hatte, genauer ansah, stellte sie fest, dass diese unerschwinglich waren. Also beschloss sie, die Designs selbst in ihrem Atelier anzufertigen. Dies inspirierte sie dazu, funktionale Objekte zu gestalten, die sowohl in einer Galerie als auch in einem Wohnzimmer ihren Platz finden. „Ein Kunstwerk oder eine Skulptur, mit der man nicht nur leben, sondern die man auch benutzen kann, hat etwas äußerst Zufriedenstellendes an sich“, sagt sie. „Ich finde, diese Funktionalität macht ein Objekt persönlicher.“
Heute nutzt sie ihre eigene Wohnung als Ideenschmiede und Studierzimmer für zukünftige Ausstellungen, aber auch als Möglichkeit, ein kurioses Mikrouniversum aus keramischen Formen und Konstruktionen zu schaffen. „Ich möchte, dass man diesen Raum betritt und alles darin aus Keramik besteht oder handgemacht ist; und die Geschichten, die auf die Vasen gezeichnet sind, eine Art Tor in eine sonderbare, eigene Welt sind“, sagt sie. „Die Leuchten nehmen die Rolle der Fantasie ein, der fantastischen Dinge – z. B. ‚Es ist eine Blume, die auch leuchten kann‘ – fast wie verschiedene Organismen, die sich auf das Spiel zwischen Funktionalität und Phantasie einlassen.“

- Mit freundlicher Genehmigung von Angela Damman
- Mit freundlicher Genehmigung von Aqua Creations
- Mit freundlicher Genehmigung von Lauren Elder